Es gab einmal einen Kaiser, der hatte eine große Liebe für schöne neue Kleider. Er gab so viel Geld dafür aus, dass er seine Armee vernachlässigte und sich auch nicht darum kümmerte, ob sein Volk glücklich war.
Eines Tages kamen zwei Betrüger. Sie gaben sich als Weber aus und sagten, dass sie das schönste Tuch der Welt weben könnten. Dieses Tuch war nicht nur in Farbe und Muster außerordentlich schön, sondern die aus diesem Tuch genähten Kleider hatten auch eine seltsame Eigenschaft: Jeder, der untauglich war oder unfassbar dumm, konnte dieses Kleid nicht sehen.

Der Kaiser war sehr erfreut und dachte: „Wenn ich solche Kleider anziehe, kann ich sehen, wer in meinem Königreich untauglich ist. Ich kann unterscheiden, wer klug und wer dumm ist.“ Also gab er den beiden Betrügern viel Geld und ließ sie sofort mit der Arbeit beginnen.
Die Betrüger stellten zwei Webstühle auf und taten so, als arbeiteten sie, aber auf ihren Webstühlen war nicht die Spur von etwas zu sehen. Sie baten den Kaiser um das beste Seidenfaden und Gold und steckten alles in ihre eigene Tasche, aber sie taten weiterhin so, als seien sie bis spät in die Nacht auf den leeren Webstühlen beschäftigt.
Der Kaiser war sehr neugierig darauf, wie das Tuch webt, aber er hatte Angst, dass er das Tuch nicht sehen und als dumm betrachtet werden könnte. Also schickte er zuerst einen alten Minister hin, um es zu inspizieren. Der alte Minister kam in das Webzimmer und starrte mit großen Augen, aber er konnte nichts sehen. Die Betrüger zeigten auf die leeren Webstühle und fragten ihn, ob das Muster des Tuches schön sei und die Farbe schön sei. Der alte Minister wollte nicht sagen, dass er nichts gesehen hatte. Er dachte: „Bin ich etwa dumm? Niemand darf davon erfahren.“ Also lobte er das Tuch, wie es die Betrüger beschrieben hatten, und ging zurück und berichtete dem Kaiser, dass das Tuch sehr schön sei.

Nach dem Bericht des Ministers schickte der Kaiser einen anderen Beamten hin, um es zu inspizieren. Dieser Beamte konnte ebenfalls nichts sehen, aber er wollte auch nicht als untauglich oder dumm betrachtet werden, also lobte er auch das von den Betrügern gewobene Tuch.
Als das Tuch endlich fertig war, ging der Kaiser selbst hin, um es zu sehen. Der Kaiser konnte auch kein Tuch sehen, aber er wollte nicht als dumm betrachtet werden, also tat er so, als könnte er es sehen und lobte laut das von den Betrügern gewobene Tuch. Die Betrüger nähten dem Kaiser mit diesem Tuch auch ein neues Kleid und sagten, dass dieses Kleid so leicht sei wie ein Spinnennetz und der, der es trägt, fühle sich, als hätte er nichts an.

Am Tag der Prozession zog der Kaiser nackt mit seinem „neuen Kleid“ durch die Straßen. Auf beiden Seiten der Straße standen die Leute, und keiner wollte als dumm betrachtet werden, also lobten alle, wie wunderschön das neue Kleid des Kaisers sei, wie prachtvoll die Farbe und wie perfekt die Schneiderei. Bis ein kleines Kind herausrief: „Aber er hat gar kein Kleid an!“ Da begannen die Leute leise untereinander zu flüstern. Und der Kaiser zitterte ein wenig, als er das Kind hörte, aber er hielt tapfer die Prozessionsfeier bis zum Ende durch.
Diese Geschichte lehrt uns, dass wir nicht von Eitelkeit berauscht werden und auch nicht blind der Meinung anderer folgen sollten, sondern ehrlich und mutig bleiben und die Wahrheit sagen sollten.




